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Alt 30. June 2011, 22:39   #1
BwGefreiter ist offline BwGefreiter
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Hessen


Standard Heute endet die Wehrpflicht



Soldaten betreten ein Mannschaftsheim in der Bundeswehr-Westfalen-Kaserne in Ahlen.

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Heute am 30.06.11 endet die Wehrpflicht in der Deutschen Bundeswehr.

Eine Zäsur: ab sofort keine massenhaften + geilen Wehrpfllichtigen mehr in den Zügen am Freitag + Sonntag ... Wo kommen jetzt die Neuregistrierungen für gayarmy.de her?

Heute habe ich einen Kommentar im Deutschlandfunk gehört, der die ganze Thematik anspricht. Ich möchte ihn hier zitieren:

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Die Wehrpflicht wird ausgesetzt - mit weit reichenden Folgen

Von Jonas Reese, Deutschlandfunk

Es ist schon verwunderlich: Nach über 50 Jahren wird die Wehrpflicht ausgesetzt, doch eine Debatte über die gesellschaftlichen Folgen ist kaum zu erkennen. Vielmehr sorgt man sich über genügend Freiwillige in Bundeswehr und sozialen Einrichtungen.

Doch die Bundeswehr wird auch ohne die Zwangsrekruten auskommen. Auch ein Pflegenotstand wird sich durch den Wegfall des Zivildienstes nicht einstellen.

Die Abschaffung der Wehrpflicht wird die deutsche Gesellschaft dennoch verändern: Junge Menschen werden ab dem heutigen Tag nicht mehr dazu gezwungen, sich mit der Frage nach dem Dienst an der Waffe auseinanderzusetzen. Sie müssen sich nicht mehr fragen, ob sie ihrem Land dienen wollen oder nicht, ihm vielleicht ihr Leben opfern würden schießen wollen oder nicht. Die Jugend wird nicht mehr mit Themen konfrontiert, die für eine aufgeklärte Gellschaft essenziell sind.

Es wird kaum jemanden geben, der rückblickend gerne zur Bundeswehr gegangen ist oder sich gefreut, hat endlich, seinen Zivildienst antreten zu dürfen. Dennoch waren es wichtige Schritte auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Für viele war es der erste Schritt hinaus aus dem betreuten Wohnen im Elternhaus. Für viele auch der erste Kontakt mit Gleichaltrigen aus anderen Gesellschaftsschichten.

Auch wenn beide Dienste häufig geprägt waren von sinnlosen Befehlen und arbeitsbeschaffenden Maßnahmen, bleiben Erlebnisse und Erfahrungen, die man sonst nicht mehr macht im Leben.

Nun, mit der Abschaffung der Wehrpflicht landet der deutsche Jugendliche noch früher auf dem Arbeitsmarkt. Nach verkürztem Abitur, komprimiertem Studium und mehr Ausbildungsplätzen wird keine Zeit mehr vertrödelt.

Die Bundeswehrreform ist auch historisch, weil sie die Lebensläufe aller zukünftigen Schulabgänger verändert. Ab jetzt gibt es keine verpflichtende Unannehmlichkeit mehr auf dem Weg der Jugendlichen. Einen Zwangs-Schnupperkurs existiert nicht mehr. Die jungen Leute müssen sich freiwillig für die Bundeswehr entscheiden. Und wie es bislang aussieht, macht das kaum jemand.

Warum auch? Warum sollte man sich Gefahren aussetzen, sich unangenehmen Feldwebeln ausliefern, gar sein Leben eventuell aufs Spiel setzen? Krieg ist nicht angesagt. Es sei denn zur Unterhaltung auf dem Computerbildschirm.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière will Nachwuchs werben, indem er an dessen Verantwortungsgefühl appelliert. "wir.dienen.Deutschland" so lautet der neue Werbeslogan der Bundeswehr. Ob sich damit ein Jugendlicher einfangen lässt, bleibt fraglich. Heute spricht die Jugend nicht vom Vaterland. Sie empfindet kein Pflichtgefühl gegenüber ihrer Heimat. Ihr Nationalbewusstsein beschränkt sich eher auf den Erwerb eines Deutschland-Fußballtrikots. Und das ist auch gut so.

Aber es ist nicht die Aufgabe des Staates, den Lebenslauf seiner Bürger zu schreiben. Oder ihn zu einem Dienst zu zwingen, selbst wenn er ihn damit vor wichtige Fragen stellt. Der Wille, sich selbst mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, und die Bereitschaft, sich für seine Gesellschaft zu engagieren, müssen schon aus jedem selbst kommen. Die Freiheit dies zu entscheiden, ist kostbar. Nun sollten wir sie auch nutzen.



Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kommentar/1494361/


Die Wehrpflicht wird ausgesetzt - mit weit reichenden Folgen

Von Jonas Reese, Deutschlandfunk - 30.06.11
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