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Alt 6. March 2014, 01:26   #5
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Standard AW: Rekrutierung Minderjähriger

Ich sehe es kritischer. Ferienlager für 15- bis 17-Jährige, auf denen sie das soldatische Leben kennenlernen, mit Uniformen, militärischer Disziplin, Sport, Drill (auch Formaldienst), Märschen und Geländespielen, würde ich uneingeschränkt befürworten – aber ohne Waffen. Gerne könnte zu solch einem Jugendlager auch ein Besuch bei Einrichtungen der Bundeswehr gehören, wo die Jungen einen Einblick in das reale Bundeswehrleben gewinnen und vielleicht auch mal auf einem Panzer mitfahren oder in einem Flugzeug mitfliegen können. Allerdings erscheint es mir fraglich, ob die Organisation solcher Lager eine Aufgabe des Staates sein kann.

Als ich aber oben lass: "Allerdings werden die minderjährigen Rekruten nur an der Waffe ausgebildet", dachte ich zunächst, es müsse wohl ein Schreibfehler sein und richtig heissen "Allerdings werden die minderjährigen Rekruten nicht an der Waffe ausgebildet." Doch tatsächlich heisst es in dem zitierten Artikel: "'Sie werden an der Waffe ausgebildet, aber nicht an der Waffe eingesetzt', sagte ein Ministeriumssprecher." Welch ein Unsinn! Eine Ausbildung der Rekruten zu etwas, was sie dann gar nicht anwenden dürfen, nicht einmal übungshalber? Auschliesslich zu Übungszwecken dient ja jede Anwendung von Schusswaffen im Inland zu Friedenszeiten.

Vergessen wir nicht: eine Schusswaffe ist kein Spielzeug, sondern ein Instrument, das dazu erfunden und konstruiert wurde, Menschen zu töten. Ich bin keineswegs grundsätzlich gegen den Einsatz von Schusswaffen. Die Polizei und die Bundeswehr müssen als Staatsorgane zur Aufrechterhaltung der innneren bzw. äusseren Sicherheit bewaffnet sein. Die Ausübung eines solchen Berufes, zu dem die Anwendung von Waffen gehört, ist aber mit grosser Verantwortung verbunden. Unser Recht räumt jedem die Möglichkeit ein, den Wehrdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern. Die Entscheidung für oder gegen den Wehrdienst kann, anders als die Entscheidung zur Teilnahme an einem miliärischen Jugendlager, nicht nur emotional, sondern muss auch rational auf der Grundlage ethischer Werte getroffen werden; das setzt eine weit entwickelte charakterliche Reife voraus, die Männer unter 18 Jahren (und teilweise auch über 18 Jahren) oftmals noch nicht besitzen. Es ist doch grotesk: Sex mit Minderjährigen (wobei allerdings zugegebenermassen die Altersgrenze heute niedriger liegt) ist verboten, weil diese angeblich noch nicht in der Lage sind, die Bedeutung der Sexualität zu verstehen und zu wissen, ob sie das auch wirklich wollen; aber der Umgang mit Waffen kann anscheinend gar nicht früh genug geübt werden. Dabei ist Sex mit Sicherheit harmloser, zumindest bei Benutzung eines Kondoms.

Das Interesse am Soldatenberuf und die Bejahung militärischer Werte dürfen gerne frühzeitig geweckt werden. Aber die Entscheidung des einzelnen zur Soldatenausbildung, zu der auch die Ausbildung im Gebrauch von Schusswaffen gehört, darf Jugendlichen unter 18 Jahren nicht zugemutet werden.
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